Der Architekt wollte das so … Ein Plädoyer für mehr Grün im Vorgarten
Das Jahr 2018 beschert uns einen superheißen und trockenen Sommer und wir merken an vielen Stellen, wie abhängig wir vom Wetter sind. Schon der Sommer 2017 war in der Bewertung des Deutschen Wetterdienstes eher zu warm, vor allem aber zu nass. „Die Extreme sind da, sie werden häufiger und sie werden in Zukunft noch extremer ausfallen“, so der Wetterexperte Sven Plöger in einem aktuellen „Brennpunkt“ in der ARD zur wochenlangen Hitzewelle.
Das Jahr 2018 beschert uns einen superheißen und trockenen Sommer und wir merken an vielen Stellen, wie abhängig wir vom Wetter sind. Schon der Sommer 2017 war in der Bewertung des Deutschen Wetterdienstes eher zu warm, vor allem aber zu nass. „Die Extreme sind da, sie werden häufiger und sie werden in Zukunft noch extremer ausfallen“, so der Wetterexperte Sven Plöger in einem aktuellen „Brennpunkt“ in der ARD zur wochenlangen Hitzewelle. Städte beschäftigen sich derzeit intensiv mit Klimaanpassungsstrategien, Grünflächenämter denken über neue Pflanzensortimente im öffentlichen Raum nach, während die Feuerwehren Straßenbäume gießen, um sie vor dem Vertrocknen zu schützen. Pools und Schwimmteiche sind nachgefragt wie nie, genauso wie smarte Bewässerungssysteme, die den Garten über die Urlaubswochen retten und auch sonst das Leben des Hobbygärtners einfacher machen … Jeder der einen Garten hat oder pflegt, weiß, dass das lebendige Grün derzeit Arbeit und Sorgen macht, er spürt aber auch, dass es kühlt und erholsamen Schatten spendet. Draußen im Freien ist vor allem abends der bessere Ort.
Jeder kann etwas tun
Die ungewöhnliche Sommerhitze facht auch eine seit längerem schwelende Diskussion über die Gestaltung von Vorgärten mit Verve an ... um nicht zu sagen, sie erreicht inzwischen eine sprichwörtlich hitzige Heftigkeit. Insekten- und Vogelschützer, Verfechter der Artenvielfalt, Freunde einer lebendigen blühenden Szenerie bekommen in diesen Wochen neue Argumente frei Haus und die haben viel mit Wasser und Temperatur zu tun: Es geht um Beschattung und um Versickerungs- bzw. Verdunstungsflächen. Wer den Freiraum um sein Haus vermeintlich praktisch mit Pflaster versiegelt oder Schotter- und Kiesschüttungen ausgebracht hat, der hat es in diesen Wochen noch wärmer als die anderen. Ob die Kiesel nun weiß oder schwarz sind, sie heizen sich tagsüber auf und geben die Temperatur nachts ab. Die vereinzelten Solitäre im Steinbeet verbrennen. Es ist heiß und kein Schatten in Sicht, der Boden glüht.
„Es war eine Empfehlung des Architekten, vor dem Haus eine pflegeleichte, ästhetisch klare Kiesfläche anzulegen mit einem Riesenbonsai in der Mitte,“ so ein Bauherr, der in diesem Sommer mit der vor ein paar Jahren getroffenen Entscheidung aus verschiedenen Gründen nicht mehr glücklich ist. „Die erste Zeit war dies tatsächlich eine befriedigende Lösung, aber mittlerweile ist der Wacholder vertrocknet und zwischen den Steinen hat sich vom Laub der Bäume in der Nachbarschaft und Samen, die durch die Luft fliegen, so viel Humus gebildet, dass massenhaft Unkräuter sprießen und die Fläche alles andere als attraktiv aussieht. Aber unabhängig von der Ästhetik, haben wir damals bei der Gestaltung die ökologischen Gesichtspunkte und die sommerliche Hitze einfach nicht auf dem Schirm gehabt.“
So geht es vielen. Die Nachrichten vom Insektensterben, vom Rückgang der Vogelpopulationen und überhaupt der Artenvielfalt gehen an den meisten Hausbesitzern nicht spurlos vorbei. Ob man natürlich mit einem lebendigen Vorgarten so viel dagegen ausrichten kann, sei dahingestellt. Aber viele kleine Grünflächen ergeben in Summe dann doch eine große. Umso wichtiger, dass tatsächlich jeder einen Beitrag leistet, damit unsere Straßen und Städte in Zukunft lebenswert bleiben. Sicher ist, je mehr Boden versiegelt wird, desto heißer wird es. Und das Wasser, das bei den immer häufiger auftretenden Starkregenfällen anfällt, verschwindet sturzbachartig in der Kanalisation oder sucht sich einen Weg in unsere Keller und Tiefgaragen. Vegetation dagegen hält es auf und die Feuchtigkeit im Erdreich fest. Wenn die Pflanzen das Wasser dann über ihre Blätter verdunsten, sorgt das für eine wohltuende Kühlung. Wer seinen Vorgarten heute so gestalten möchte, dass er optisch gut zum Haus passt und gleichzeitig ein angenehmes Kleinklima entfaltet, muss kein passionierter Gärtner sein. Es gibt genügend standort- und klimaangepasste Pflanzen, die kaum Pflege benötigen. Landschaftsgärtner sind hier Experten, die sagen können, welche Möglichkeiten es gibt.
Architektur und Grün gehören zusammen
Architektur ist die Synthese von Form und Funktion und dies gilt für die Immobilie von innen wie von außen. Wir alle wissen intuitiv, dass Grün guttut, dass wir ohne den von Pflanzen produzierten Sauerstoff nicht leben könnten, dass lebendiges Grün Schatten spendet, Lärm absorbiert, Staub bindet, Regenwasser zurückhält und ein für uns gesundes und vor allem angenehmes Klima schafft. In der gegenwärtigen Architektur stößt man daher immer wieder auf neue und interessante Verwendungsweisen von Pflanzen. Weltweit machte beispielsweise Stefano Boeri mit seinem Hochhausprojekt Bosco Verticale in Mailand von sich reden. Rund 900 Bäume und mehr als 2000 weitere Pflanzen wurden auf den Terrassen und Balkonen der Wohntürme gepflanzt. Das Ziel: attraktives, gesundes und lebenswertes Wohnen selbst in der Metropole. Auch grüne Dächer sind gängige Praxis in der Klimaanpassungsstrategie von Städten und begrünte Fassaden werden für ihre mannigfaltigen Funktionen gepriesen. Nur dem Naheliegenden, dem Garten vor dem Haus, wird derzeit wenig Beachtung geschenkt. Er verkommt vielerorts zur leblosen Abstandfläche, als Bühne für Fahrzeuge, Mülleinhausungen und Briefkästen. Dabei war der Vorgarten früher doch ein wichtiger Kommunikationsraum für einen selbst und für andere. „Sei willkommen“, sprach die Bank vor der Tür und verwies auf die blühenden Rosen.
BGL
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